Sarplaninac-Rüde
Fotos von Johnny "Andor
vom Dolenfelsen *6.10.87-1.7.00"
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Das Märchen von der
Traurigkeit – von Inge
Wuthe Es war eine kleine Frau,
die den staubigen Feldweg entlang kam. Sie war wohl schon recht alt, doch
ihr Gang war leicht, und ihr Lächeln hatte den frischen Glanz eines unbekümmerten
Mädchens. Bei der zusammen gekauerten Gestalt blieb sie stehen und sah
hinunter. Das Wesen, das da im Staub des Weges saß, schien fast körperlos.
Es erinnerte an eine graue Flanelldecke mit menschlichen Konturen. Die
kleine Frau bückte sich ein wenig und fragte: Zwei fast leblose Augen
blickten müde auf. „ Ich? Ich bin die Traurigkeit„, flüsterte die
Stimme stockend und so leise, dass sie kaum zu hören war. „Ach, die
Traurigkeit!„ rief die kleine Frau erfreut aus, als würde sie eine alte
Bekannte begrüßen. „Du kennst mich?„ fragte die Traurigkeit
misstrauisch. „Natürlich kenne ich dich! Immer wieder einmal hast du
mich ein Stück des Weges begleitet.„ „Ja, aber.....„, argwöhnte
die Traurigkeit, „warum flüchtest du dann nicht vor mir? Hast du denn
keine Angst?„ „ Warum sollte ich vor dir davonlaufen, meine Liebe? Du
weißt doch selbst nur zu gut, dass du jeden Flüchtigen einholst. Aber
was ich dich fragen will: Warum siehst du so mutlos aus?„ „ Ich.....ich bin
traurig„, antwortete die graue Gestalt mit brüchiger Stimme. Die
kleine, alte Frau setzte sich zu ihr. „ Traurig bist du also„, sagte
sie und nickte verständnisvoll mit dem Kopf. „Erzähl mir doch, was
dich so bedrückt.„ Die Traurigkeit seufzte tief. Sollte ihr diesmal
wirklich jemand zuhören wollen? Wie oft hatte sie sich das schon gewünscht.
„Ach, weißt du„, begann sie zögernd und äußerst verwundert, „ es
ist so, dass mich einfach niemand mag. Es ist nun mal meine Bestimmung,
unter die Menschen zu gehen und für eine gewisse Zeit bei ihnen zu
verweilen. Aber wenn ich zu ihnen komme, schrecken sie zurück. Sie fürchten
sich vor mir und meiden mich wie die Pest.„ Die Traurigkeit schluckte
schwer. „ Sie haben Sätze erfunden, mit denen sie mich bannen wollen.
Sie sagen: Papperlapapp, das Leben ist heiter. Und ihr falsches Lachen führt
zu Magenkrämpfen und Atemnot. Sie sagen: Gelobt sei, was hart macht. Und
dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie sagen: man muss sich nur zusammenreißen.
Und sie spüren das Reißen in den Schultern und im Rücken. Sie sagen:
Nur Schwächlinge weinen. Und die aufgestauten Tränen sprengen fast ihre
Köpfe. Oder aber sie betäuben sich mit Alkohol und Drogen, damit sie
mich nicht fühlen müssen.„ „ Oh ja„, bestätigte die alte Frau,
„ solche Menschen sind mir schon oft begegnet.„ Die Traurigkeit sank noch
ein wenig mehr in sich zusammen. „ Und dabei will ich den Menschen doch
nur helfen. Wenn ich ganz nah bei ihnen bin, können sie sich selbst
begegnen. „ Ich bin die
Hoffnung.„ alle Farben dieser Welt - ein Märchenbuch – Lucy Körner Verlag
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